Bei der Planung meiner Trips prüfe ich im Vorfeld immer genau, ob die Anreise über den Landweg grundsätzlich möglich ist. Da sich mein Bedürfnis in Grenzen hält, mich in eine unter Druck stehende Metallröhre zu setzen, fiel die Entscheidung auf der Schiene ins UK einzureisen nicht sehr schwer. Da die Ausfahrt final in Richtung äußerer Südwesten gehen sollte, war der erste planmäßige Stopp für London beabsichtigt. Nach meinen beiden Besuchen in den Jahren 1994 und 2000 stand die Hauptstadt erst einmal gar nicht auf unserer Liste. Aber wenn man schon in der Themsestadt haltmacht, kann es kein Fehler sein, auch ein wenig Zeit dort dranzuhängen.

Die Skyline der „City of London“ funkelt.

Indigo-Kapitale: Die Tower Bridge

Gleiche Position, den Blick nach rechts schweifend: 310 Meter hohe Ästhetik „The Shard“, der (noch) höchste Wolkenkratzer der EU.

Die Tower Bridge verbindet den Stadtbezirk Tower Hamlets auf der Nordseite mit dem Stadtteil Southwark im Süden. Je nachdem, auf welcher Seite man steht, hat man das historisch und monetär bestimmte Zentrum bzw. auf der Südseite den wahrlich schön anzusehenden Wolkenkratzer „The Shard“ und das Rathaus die „City Hall“ im Blickfeld.

Meine Intuition hatte mich nicht im Stich gelassen und so bereute ich es nicht, nach der langen Anreise den Gang um die Klappbrücke noch zu unternehmen. Denn die City war wirklich in ein beeindruckendes Royalblau getaucht, was zur Krone wiederum passt…

Da sich viel Beton mit Glasfassaden auch am Tage gut in Szene setzen ließen, hier einige Impressionen der geschichtlich gewachsenen „City of London“ und der stetig aufblühenden Canary Wharf in den Docklands im Londoner Osten:

Unverdauliche Gewürzgurke: „The Gherkin“ im Spiegel des Nachbarn.

Luftdicht: Dauerfrühling in den Docklands, Hochhäuser sprießen hier das ganze Jahr über.

Ein bisschen schade, dass die beiden Viertel mit ihren Türmen weit entfernt voneinander für sich stehen. Im Vergleich dazu bin ich von La Défense in Paris weitaus mehr begeistert. Ich hatte erstaunlicherweise den Eindruck, beide Distrikte schnell abgearbeitet zu haben. In La Défense habe ich immer das Gefühl, dass die Zeit niemals ausreichend ist.

Impressionen aus Beton und Glas:

Blick aus einer „Kiesgrube“ gen Himmel

Abgetaucht, aber nur für den Augenblick.

Zeit scheint Geld zu sein: Der Auslöser schafft Stillstand.

Weckt bedrückende Assoziationen: Die Kerosinvögel schrammten abermals fast die Häuser.

Ein Turm der besonderen Bauweise: 30 St Mary Axe misst 180 Meter und wird im Volksmund „The Gherkin“ die Gewürzgurke genannt.

Wenn man London schon besucht, muss natürlich auch im August wettertechnisch ein gruseliger Tag mit dabei sein. Ohne kann keiner behaupten wirklich in London gewesen zu sein.

Was machen? Erst einmal Kaffee trinken und gut überlegen. Letztendlich habe ich mich entschieden, beim Hotspot Piccadilly Circus mich unter eine der Arkaden zu stellen, um ein paar klassisch britische Streetphotos zu machen. Ziemlich durchnässt, wollte ich nicht noch woanders hinfahren. Denn ganz ehrlich, die meisten wissen, dass die wahren Schätze einer Stadt oft nicht die klassischen Orte sind, die in den Reiseführern beschrieben werden.

Das Gute im sogenannten Schlechten: Dank Regen, Protagonisten ganz ohne Smartphone in der Hand.

Apropos wahre Schätze: Wer London fernab von Sehenswürdigkeiten, Shoppingmalls und polierten Gebäuden kennenlernen möchte, dem lege ich Tube-Stationen wie New Cross oder Peckham ans Herz. Leider habe ich von beiden Stadtteilen keine (bedeutenden) Bilder, da wir einmal am Abend (ohne Stativ) unterwegs waren und in Peckham es mir ehrlich gesagt unangenehm war, mein üppiges Equipment ständig zu präsentieren. Sicher ließen sich in einer Stadt auch viele andere Stadtteile dieser Art finden, aber die Zeit ist begrenzt und die beiden Tipps hatte ich im Vorfeld bekommen.

Was macht man nun am Abend an so einem regnerischen Tag? Nochmal Kaffee trinken und den Weg des geringsten Widerstandes gehen: Piccadilly Circus die Zweite. Argument: wenige Stationen nach einem langen Tag und viele Lichter.

Das Schöne an Nachtaufnahmen ist, dass man am Himmel das fürchterliche Grau des Tages nicht mehr erkennt.

Brighton

Nach der Metropole London ging es nun für die nächsten drei Tage in das nur eine Zugstunde von London entfernte Brighton. Eine Stadt die einen hohen Bekanntheitsgrat durch ihr Nachtleben, die Kunstszene und last but not least durch sein Seebad genießt. Für viele Engländer ist der Küstenort ein ideales Wochenendausflugsziel, dass durch seinen breiten Kiesstrand die Briten in die rund 300.000 Einwohner große Stadt zieht.

Mutige Wassermänner: Auch im August bei Sonnenschein, das kühle Nass steht nicht gerade für hohen Wohlfühlfaktor.

 Ohne Toupet kann man das Picknick bei linkslastigen Böen aus dem Osten genießen.

Analoggoogeln und der gleiche Anteil unnützer Suchergebnisse?

Absolut zu empfehlen, ist es zu Fuß entlang der Strandpromenade in Richtung Hove zu den buntbemalten Strandhütten zu gehen. Auf dem gut 3 km langen Weg lohnt es sich durch das Treiben vor den Lokalen und Clubs zu bewegen, ob Hochzeitsgesellschaft oder Szeneclub, eine wirklich coole (Outdoor-) Koexistenz von Feierwütigen. Und Musikgeschmack habe die Briten eben durch und durch… Des Weiteren kommt man auf dem Weg nach Hove an dem alten West Pier vorbei, welches durch zwei Brände und viele Stürme heute nur noch als denkmalgeschütztes Stahlskelett dem Meer überlassen wurde.

Promenadeneindrücke in Richtung Hove:

Das Wrack der ehemaligen Seebrücke in den Fluten

Zum Glück passt immer einer auf.

Unten fand ich es schöner: Das neue Brighton Palace Pier funkelt im Blau.

Kunst aus Plastikmüll: Aus Deckeln wird ein Zaun.

Kunterbunt und doch mit bürokratischer Farbregelung…

… die farbigen Strandhäuschen in Hove.

Den Briten hängt ja das Vorurteil nach, sich nur von Fritten, Chips und Ale zu ernähren. Bei britischen Fußballrowdies hier und da sicher auch berechtigt, aber allen Klischees zum Trotz, ist das Angebot ob Kleinstadt oder Dorf an vegetarisch/veganen Speisen sehr hoch. Wirklich überraschend, hatte ich doch eher das Erstgenannte in meinem Kopf. Wahrscheinlich doch zu viel auf dem Sportplatz gewesen…

Schleimiges Porridge…

… und Sesambrötchen mit abgezählten 136 Körnchen sind eine Grundlage um die Stadt zu erkunden.

Farbige Hausfassaden etwas abseits des Stadtkerns.

Hühner in der City.

Nicht nur Gott, auch Brighton hat einen großen Zoo: Gassenwandgemälde

Auffällig war die extrem hohe Armut in der Stadt. Schon bei meinen früheren Trips durch England, Wales oder auch Irland viel mir die ausufernde Armut auf den Straßen auf. Sehr junge Menschen haben oftmals nur noch ein Teil ihres Gebisses und alle paar Meter trifft man an fast jeder Straßenecke auf Obdachlose, definitiv in einer noch stärkeren Form als bei uns in Deutschland. Die Neugier nach der Ursache und der Frage des englischen Sozialsystems haben wieder viele Fragen an die Oberfläche gespült.

Straßenleben: Alltag in den Städten egal wo und leider noch ausgeprägter als in unseren Landen.

Eines der Highlights der ungewöhnlichen Art ist der Royal Pavilion. Angelehnt an die indischen Mogulplätze wirkt der Bau unheimlich exotisch in der britisch/europäischen Landschaft.

Außen indisch, das Interieur chinesisch, bei Tag und Nacht ein Hingucker.

Salisbury

Nach dem dreitägigen Aufenthalt in Brighton fuhren wir mit der Bahn in das rund 140 km nordwestlich entfernte etwas kleinere Städtchen Salisbury. Ein entscheidender Grund, in dem Städtchen einen zweitägigen Halt einzulegen, war, dass sich der berühmte Steinkreis von Stonehenge ungefähr 15 km entfernt davon befindet.  Das Ankommen am Bahnhof ist immer wieder aufs Neue spannend: Ich fragte mich beim Betreten des Bahnsteigs, was uns in dem unbekannten Kleinstädtchen wohl erwarten würde. Das ungefähr 50.000 Einwohner zählende Salisbury entpuppte sich als ein sehr lieblicher, kleiner Ort.

Der gotische Prachtbau, die Kathedrale St. Mary gilt mit ihrem 123 Meter hohen Turm als höchster Kirchturm Englands und ist damit das herausstechende Merkmal der Stadt.

Illuminiert und ummantelt vom Blau des Himmels: Die Kathedrale von Salisbury.

Schöner Kreuzgang mit Innenhof auch wenn der Rasen nicht an Wembley herankommt;-)

Wir haben lange überlegt ob wir Stonehenge einen Besuch abstatten. Die Touristenmassen, die mit Bussen für horrende Preise mehr oder weniger direkt vor das Monument gekarrt werden, ließen im Vorfeld Zweifel aufkommen… … deswegen wurde morgens erstmal in das empfehlenswerte Greengages eingekehrt und bei einem schweren britischen Morgenmahl der Plan gemacht.

Ohne totes Tier und trotzdem reichhaltig, damit kommt man durch den Tag.

Wer nicht auf Stonehenge verzichten will, aber über die üppigen Preise stolpert (Busfahrt umgerechnet 8 EUR und Eintritt 21 EUR), dem empfehle ich zumindest auf die teure Eintrittskarte zu verzichten. Wenn man den normalen Weg zum Steinkreis entlanggeht, teilt sich der Weg kurz vor den Steinen. Linker Hand durch ein offenes Tor durch, kann man über eine Weide entlang in Richtung der Kultstätte laufen. Der Weg über die Wiese ist um einiges schöner als der über den Asphalt, wo die Shuttlebusse entlangtuckern. Viel ruhiger und aus der Ferne kommt man dem Steinkreis Schritt für Schritt immer näher. Angekommen steht man ungefähr 5 Meter hinter den Anderen, die um das ein oder andere Pfund erleichtert wurden. Einziger Nachteil, wenn man es so nennen kann, ist, dass sich neben dem offiziellen Zugang, der Kreis nicht umrunden lässt.

Agrardesign auf dem Fußweg

Stonehenge ohne Menschen: Eine lange Brennweite und Geduld machen es möglich.

Fünf Meter gewonnen um näher dran zu sein, für umgerechnet rund 20 Euro, nein danke!

Exeter

Nun ging es vorläufig zum letzten Mal mit dem Zug weiter. Nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel Exeter, die ehemalige Hauptstadt von Cornwall. Da es gleich einen Tag später für drei Tage mit dem Auto in die immer ländlicheren Regionen Cornwalls weiterging, suchten wir bei wunderbarem Wetter das ein oder andere Plätzchen in der Innenstadt auf, wo man dem Treiben der 130.000 Einwohner zählenden Stadt beiwohnen konnte.

Wuchtiger Koloss von außen wie von Innen, die Kathedrale St. Peter.

Sicher nicht im Sinne des Schöpfers: Blick durch einen offenen Türspalt, da der Zugang zum Inneren mit einem happigen Eintritt verbunden war. 

Politdiskussion mit Einheimischen von Extinction Rebellion… …und am Ende setzt sich wieder das Diktat und die Logik des kapitalistischen Systems durch?!

Wenn die Gelüste einen treiben: Im Herbies sollte man unbedingt einkehren. Blümchenkiller, Gurkendominas, ja die ganze Gemüsehoheit kommt hier voll auf Ihre Kosten;-).

Für den letzten Teil der Reise in die sukzessiv ländlicheren Regionen wurde in Exeter ein Mietwagen geordert. Pencanze, Gwithian, Newquay und Bude hießen die anvisierten Orte. Ein straffes Programm, wie sich im Nachhinein herausstellte: Denn die nötige Zeit, in die ein oder andere Gegend tiefer einzutauchen, gab unser Zeitkontingent nicht mehr her, eine Erfahrung, die so im Vorfeld der Planung nicht einzuschätzen war.

Trotz Erfahrung als „Kutscher“ im Linksverkehr empfand ich die drei Tage im „Büffel“ doch sehr anstrengend. Viel Kreisverkehr, hohes Verkehrsaufkommen, auch auf dem Land, verlangten volle Konzentration. Auf Zypern und Irland anno dazu mal war es um einiges stressfreier…)

Komprimierte Bilderzusammenfassung der vier Küstenorte:

Man wähnt sich in Griechenland: Der wunderbare Jubileepool mit Art Deco-Architektur in Pencanze

… der sich geschmeidig in die Promenade einfügt und direkt an das Meer grenzt.

St. Michael’s Mount: Gezeiteninsel bei Pencanze.

Geheimtipp: Der Strand von Gwithian statt Kommerzschock bei Land´s End.

Gwithian ist bunt, zumindest mal am Strand.

Ob „Brett vor dem Kopf“…

… oder in „Hündchenstellung“ …

… in Gwithian schlägt nicht nur das Surferherz höher.

SteinkreisMiniatur am Strand von Gwithian.

Improvisiertes Frühstück im Backpackers statt goldener Wasserhahn in der Suite- so macht Reisen Spaß.

Newquay, Cornwall gilt als Surferparadies.

Heidnische Symbolik oder einfach ein guter Aussichtspunkt.

Die guten Zeiten sind vorbei, das Fistral Bay Hotel in Newquay.

Exklusives Wohnen am Strand von Newquay.

Besser geht es nicht…

… das Finale in Bude mit einem wettertechnisch phänomenalen Tagesende.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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