… übersetzt „Die Rosine am Ende des Hotdogs“. Mit diesen Worten beschreiben die Isländer eine positive Überraschung oder ein besonderes Highlight. Ein Attribut, welches auf das Land im hohen Norden durch und durch zutrifft.

2003 bewegte ich mich das erste Mal im Dunstkreis von Reykjavík. Seitdem war für mich klar, dass ich die gesamte Insel einmal vollständig umrunden möchte.

Mitte Mai begannen wir von der Hauptstadt Reykjavík ausgehend unsere über 1000 km lange Umrundungstour durch das Land der Wasserfälle, Vulkanlandschaften und trollgläubigen Bewohner.

In der knapp 130000 Einwohner großen Hauptstadt standen für mich mit der Hallgrímskirkja, dem Konzerthaus Harpa sowie dem Sólfar drei Objekte auf dem Programm, die ich definitiv gesehen haben wollte und die ich hier ausführlicher beschreibe.

Hallgrímskirkja

Konzerthaus Harpa

Sólfar

Das Schöne an so einer überschaubaren Metropole ist, dass sich die angestrebten Ziele locker nach und nach an einem Tag abklappern lassen. Aufgrund der isländischen Witterung, mit extrem viel Niederschlag und starken Winden musste ich alle drei Plätze mehrere Male aufsuchen, um die kurzen Momente des Sonnenlichts zu nutzen.

Die Hallgrímskirka, das zweithöchste Gebäude Islands misst 74,5m wird aber vom Smáratorg-Turm in Kópavogur um gut 3 Meter übertrumpft. Die ganz in weiß gehaltene Kirche soll an die Gletscher des Landes erinnern. Die Hallgrímskirkja hat mich durch ihre klare und nüchterne Architektur außen wie innerhalb sehr beeindruckt. Schweres und Pompöses, wie man es sonst von vielen Kirchen kennt, ist in diesem feinen Palast in Raketenform nicht vorzufinden.

Wie eine Rakete kurz vor dem Start

Die Skólavörðuholt-Höhe in Reykjavík wurde für diese Kirche ausgewählt, um einen alles überragenden Standort inmitten der Stadt für dieses historische Bauwerk bereitzustellen.

Immer im Fokus: Die Hallgrímskirkja aus der menschenleeren Innenstadt heraus betrachtet.

Blick vom Dachfenster eines Hostels auf die Kirchturmspitze.

In Beton gegossene Nüchternheit: Die Hallgrimskirche von innen.

Der Vorplatz mit dem Wikinger Eriksson, der angeblich schneller als Columbus war.

Das Konzert- und Kongresshaus Harpa ist seit 2011 das glänzende lichtdurchflutete Wahrzeichen Reykjavíks. Ich habe das Gebäude dreimal während des Aufenthalts in Reykjavík aufgesucht. Das Innere dieses modernen Gebäudes habe ich mir während des Tages vorgenommen: Die gesamte Halle mit ihren vielen kleinen Bausteinen, die mich an tausende von Eiswürfeln erinnern, lassen den Komplex hell erstrahlen. Die Außenfassade sollte man sich am besten während der Dunkelheit anschauen, da sich durch die wechselnden farbenfrohen Lichtspiele der „Eiswürfel“ ein wunderbares Gesamtbild ergibt.

Am Tage…

…wie in der tiefen Nacht: Das Harpa entfaltet zu jeder Zeit seinen vollen Glanz.

Sollte man im Frühjahr unterwegs sein, muss man bedenken, dass die Lichter erst zwischen 0:00 Uhr und 1:00 zu leuchten beginnen. Da ich aus diesem Grund, nach einem ohnehin schon langen Tag, erst gegen 23:30 Uhr aufbrechen konnte und das Wetter mit Wind und Regen einen noch zusätzlich strapazierte, brauchte ich dafür ziemlich viel Durchhaltevermögen.

Baubeginn für den Gebäudekomplex war im Januar 2007. Bereits ein Jahr später wurde das Land durch die Finanzkrise erschüttert und der Baumaßnahmen angehalten. 2011 wurde das Konzerthaus schließlich fertiggestellt.

Kurz vor Ende der Bauarbeiten konnte jedermann Vorschläge für den Namen des Gebäudes einbringen. Letztendlich fiel die Wahl auf den Namen Harpa, was Harfe bedeutet und auch der Name des ersten Sommermonates ist, auf den Isländer natürlich sehnsüchtig warten.

Auch drinnen gibt es in der Metropole Reykjavík kein Gedränge.

Groß und klein

Wie ein Schiff in den Wellen: Harpa mit Schwung

Deckenfassade im Inneren

Mitten in der Nacht noch ziemlich hell: Das Harpa von außen gegen 1:00 Uhr.

Extravagante Architektur gibt es im Inneren zu bestaunen.

Das Sólfar ist ein weiteres Kunstwerk in Reykjavík, ein weiteres (Foto-) Highlight. Direkt am Meer gelegen, schmückt es die Promenade am Wasser. Auch wenn es mal wieder saukalt ist, man findet zu jeder Zeit Besucher an der Metallskulptur vor. Das Werk ist schematisch wie ein Wikingerschiff gestaltet. Mich hat es immer wieder an die Gräten eines Fischkörpers erinnert, was bei einem Seefahrerland nicht so abwegig ist.

Attraktion für Fotografen- und gräfinnen mit obligatorischer Kleidung

Je nachdem zu welcher Tageszeit und zu welchen Wetterbedingungen man vor Ort ist, zeigt sich das Sonnenschiff elegant in den unterschiedlichen Schattierungen und glänzt bzw. glüht bei Sonneneinfall in seinen unterschiedlichen Farben. Für den Erschaffer der gerippenhaften Skulptur Jón Gunnar Árnasons steht das Werk sinnbildlich für Licht, Sonne, Hoffnung und Freiheit.

Auf der Fahrt zu weiteren Zielen offenbart sich einem immer wieder das gesamte Naturspektakel der Insel im Nordatlantik. Brodelndes Wasser, vereiste Bergkappen, grüne Wiesen, unzählige Wasserfälle, mit dichtem Moos bewachsene Riesensteine lassen einen aus dem Staunen nicht herauskommen. Man wähnt sich in einer verwunschenen Phantasiewelt.

Ohne spontane Stopps geht es nicht: Blick auf einen Tafelberg.

Raue Schönheit: der Dettifoss

Berghügel bei Strokkur

Haute Couture: Entwurf Island

Naturwunder: Eigentlich zierlich und dennoch aufgebläht.

Schon einen Tag vor dem Besuch der Gletscherlagune Jökulsárlón erzählte die Betreiberin unserer Unterkunft, dass morgen schönes Wetter angesagt sei. Nach vier Tagen mit schweren Wolken, Regengüssen und eisigen Winden war die Vorfreude natürlich groß, einen Tag von der Erbarmungslosigkeit der Naturlaunen ein wenig verschont zu bleiben.

Die Eislagune Jökulsárlón liegt direkt neben dem Vatnajökull, Europas größtem Gletscher. Die Lagune speist sich aus dem Schnee, welcher vom Gletscher abschmilzt.

Große Eisblöcke, die sich vom anliegenden Gletscher lösen, lassen den See auf Dauer immer größer werden. Angesichts der ständigen Veränderung der Landschaft sehen der See und das Treibeis immer komplett anders aus. Die abgebrochenen Eisstücke, die durch die Schlagkraft des Atlantiks in unzählige kleine Eisfragmente zerlegt und wieder an das Ufer gespült werden, erfreuen den Betrachter in ihrer Form, Vielfalt und Klarheit.

Eisdiamant: Perfekt in Form und Transparenz

Perfekt zur Kühlung potentieller Kaltgetränke.

Eiskrönchen

Ohne Icewear geht auf Jökulsárlón nichts.

Inhaltsreiche Leere: Blick auf den Vatnajökull.

Nun sollte die zweitgrößte Stadt Akureyri am Fjord Eyjafjördur angesteuert werden. Durch den mitunter unheimlich schnelllebigen Wetterwechsel zeigte sich uns das Städtchen von seiner Schokoladenseite.

Kurzer Stopp: Direkt gegenüber liegt einem Akureyri zu Füßen.

Dass es außer in Reykjavík doch noch etwas Zivilisation gab, war mir vorher so wirklich nicht bewusst. Das Städtchen hat mit seinen vielen kleinen Geschäften, Lokalen, dem Kulturhaus und Altstadtkern wirklich viel Flair und ist durchaus als charmant zu bezeichnen.

Hier wohnen vielleicht

…An(n&)Rainer.

Wandgemälde in der Altstadt

Da es nach dem Tagewerk schon gemütlich im Zimmer wurde, mir aber klar war, nicht so schnell nochmal hier her zu kommen, schleppte ich mich gen Mitternacht mit kiloweise schwerem Equipment noch mal an den Hafen. Es sollte sich lohnen: Als es gegen 1 Uhr so etwas wie eine blaue Stunde gab, konnte ich bei absoluter Windstille (!) und leichtem Nieselregen wirklich noch sehr außergewöhnliche Impressionen von der besonderen Landschaft und Stadt einfangen. Die Atmosphäre am kleinen Hafen war gigantisch: eine eigens auszumachende Ruhe, alles um mich herum in blau getaucht, hell und von malerischem Gebilde.

Blickrichtung in den Fjord Eyjafjördur.

Doppeltes Kultur- und Konferenzzentrum Hof

In Wasserfarben: Akureyris Kulturzentrum

Weiter ging unsere Reise in Richtung der Halbinsel Snæfellsnes im Nordwesten Islands. Da das Gebiet verschiedene Hotspots sein eigen nennen kann, wird es im allgemeinen Sprachgebrauch auch „Island in Miniatur“ bezeichnet. Snæfellsnes besticht durch einen Vulkan, den Gletscher Snæfellsjökul, zahlreiche Wasserfälle wie den Seljalandsfoss, schneebedeckte Berge und Ausblicke auf das Meer und seine Wellen, die an gigantische Felsformationen peitschen.

Der Schein trügt: Der Seljalandsfoss nur für einige Minuten im Sonnenlicht.

Einsiedlerleben mit großem Garten.

Wo es eine Kirche gibt, ist auch immer eine Kneipe… typisch isländische Metropole.

Einmal mehr wurde ich eindrücklich mit den Elementen konfrontiert. Ich habe bisher nirgendwo so stark wie auf Island die Kraft, die Energie ja auch die Erbarmungslosigkeit der Natur erlebt. Eine Tatsache die man auf Island nicht unterschätzen sollte und die mich beim Fotografieren nicht nur einmal an die Grenzen des Machbaren gebracht haben. Es gibt immer wieder an den verschiedenen Orten Tote zu beklagen, da manch einer in seiner Unwissenheit meinte, der Natur ein Schnippchen schlagen zu können. Mich hätte fast einmal das Meer mitgerissen: Als ich locker zwanzig Meter vor einer abklingenden Welle fotografierte und diese im nächsten Augenblick doch noch mit voller Wucht auf mich zuraste, mussten ein weiterer Fotograf und ich blitzschnell reagieren und zum Spurt ansetzen

Anastarpi: Interessante Felsformationen prägen die Landschaft.

Heftiges Liebesgeplänkel: Welle knutscht Fels.

Kochende Schlammlöcher, aufsteigende Dampfsäulen, tiefer Matsch und ein ständig umherziehender Geruch von Schwefel stehen exemplarisch für das Höchsttemperaturgebiet Hverarönd am Fuße des Berges Námafjall im Myvatngebiet.

Eine Gegend, die surrealer nicht sein kann: Überall brodelt es, gespickt mit einer beeindruckenden Farbenvielfalt und aufsteigenden Dampfschwaden, die das Gegenüber je nach Windrichtung in ein paar Sekunden verschwinden lassen.

Traumspaziergang

Geothermalgebietsbegegnung

Der letzte Stopp war das Fischerstädtchen Akranes, ca. 50 km nördlich von Reykjavík gelegen. Ich war das zweite Mal vor Ort und fragte mich erneut, wo die Menschen und das Leben dieser Stadt sind. Mit 7000 Einwohnern nicht klein für Isländische Verhältnisse haben wir binnen 24 Stunden Aufenthalt keinen Menschen auf den Straßen gesehen. Es schüttete mal wieder durchgehend wie aus einem Guss, der Himmel stand direkt über einem, für isländische Verhältnisse nicht ungewöhnlich. Trotzdem hatte man hier das Gefühl in einer gespenstisch wirkenden Isolation zu verweilen. Wir residierten in einem weitläufigen Guesthouse, geschmackvoll eingerichtet, aber totenstill und leer. Nur einmal vernahmen wir Geräusche eines anderen Menschen in dem Haus, irgendwie unheimlich…

Da wir uns zumindest noch eine Weile die Füße vertreten wollten, beschlossen wir in Richtung von einem der zwei Leuchttürme, die Akranes bietet, zu gehen. Wir hatten bei prasselndem Regen das Gefühl, alleine in einer Geisterstadt unterwegs zu sein.

Irgendwo im Nirgendwo: Der verstorbene Bowie auf Stein.

Island hat es mir angetan. Schon beim ersten Mal wusste ich, dass ich wiederkommen werde und dieser Besuch wird sicher nicht mein letzter gewesen sein. Das ist eine kleine Liebeserklärung an dieses Land, da ich entferntere Länder in der Regel nicht dutzende Male bereise, da es noch viele andere Länder zu entdecken gibt. Die Urgewalt der Natur lässt uns Menschen spüren wie klein wir doch sind. Die Mystik, das Märchenhafte, ja auch der durch und durch melancholische Charme der Insel haben mich sehr berührt.

 

 

 

 

 

 

 

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